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Vor einigen Jahren zog mich das Leben nach Düsseldorf. Seitdem sehe ich meine Freunde aus meiner Heimatstadt Speyer nur noch sehr selten. Einen echten Freund erkennt man daran, dass man auch nach Monaten Abstinenz auf Anhieb wieder einen Draht zueinander hat. Mit Micha, einem meiner besten Freunde, den ich noch aus den guten alten Sandkastenzeiten kenne, wollte ich im letzten Jahr unbedingt einen gemeinsamen Urlaub machen. Am Meer war er noch nie. Das Ziel unserer Reise war mir deshalb auf Anhieb klar: die holländische Küste.



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Traum von Freiheit: Mit dem Fahrrad den Rhein entlang

Wir trafen uns und überlegten, was wir machen wollen. Schnell fiel die Entscheidung für einen Extreme-low-budget-Abenteuerurlaub in Holland. Wir waren zwei Männer, unabhängig und frei. Wir wollten fahren, wohin wir wollten und wann wir wollten. Mit einem Lächeln im Gesicht, Sonne im Nacken und nur den nötigsten Dingen zum Leben im Gepäck. Ein Fahrrad-Roadtrip sollte es werden. Start war Düsseldorf – und Ziel? Naja, das Meer in Holland eben. Genauer wollten wir es gar nicht wissen. Also ging es los. Zwei Männer, zwei Rucksäcke, zwei Fahrräder und ein Zelt. Wir machten uns weder Gedanken über das Ziel, noch über die genaue Strecke und auch, wie viele Kilometer wir am Tag zurücklegen wollten, war ungewiss. Da wir uns maßgeblich auf natürliche Navigationsgeräte verlassen wollten, war unsere einzige Vorgabe, den Rhein (in den Niederlanden „Waal“ genannt) entlang zu fahren. So waren wir immer in der Nähe von Wasser und es war sichergestellt, dass wenn wir nur lang genug fuhren, wir irgendwann am Meer ankommen würden.

1. Etappenziel: See Bizonbaai

Unser erstes Bier gönnten wir uns nach dem Grenzübergang in Millingen. Das Ende der ersten Etappe war ein kleiner abgelegener See hinter dem Rhein namens Bizonbaai. Wir gingen schwimmen, entspannten in der Sonne und schlugen dann unser Zelt in einer kleinen versteckten Nische auf, denn wir wussten ja nicht, wie die Holländer auf zwei wildcampende Deutsche reagieren würden. Es kamen einige vorbei, aber niemand störte sich an uns. Nachdem das „Bett“ gemacht war, füllten wir Spiritus in unseren kleinen Kocher, den ich mal vor Jahren bei meinem Opa im Keller gefunden hatte (und der allem Anschein nach den Krieg überlebt hatte) und kochten uns ein deliziöses Döschen Ravioli. Später zündeten wir noch ein kleines Feuerchen an – weil’s einfach zum Campen dazu gehört – und ließen den ersten erfolgreichen Tag bei einem gemütlichen Belohnungsbier ausklingen.

Links erkennt man unser Lager

Der kleine Kocher aus dem Krieg

2. Etappe: Über Nijmegen zum Kil Van Hurwenen

Am nächsten Morgen waren wir beide sehr gerädert vom Tag davor. Die erste Etappe hat uns bereits mehr unserer Kräfte gekostet als erwartet und deutliche Spuren hinterlassen. Hinzu kam, dass wir – da wir ja unbedingt nur mit dem Nötigsten unterwegs sein wollten – keine Isomatten dabei hatten. „Back to the roots“ und so. Leider waren die Roots ganz schön hart und unbequem, weswegen die Nacht trotz hoher Müdigkeit nicht gerade reich an Schlaf war. Wir bissen also die Zähne zusammen, machten eine Morgendusche im See und stiegen wieder auf unsere treuen Rösser. Wir fuhren zunächst nach Nijmegen, wo wir uns erstmal einen Kaffee und ein Frühstück gönnten. Dann ging es weiter durch Felder, über Deiche und durch kleine Städte. Unser zweites Etappenziel war der Kil van Hurwenen. Ebenfalls ein kleiner See, noch abgelegener war als der erste und somit noch schöner.

Frühstückskaffee in Nijmegen

Unsere Kochstelle an Tag 2

Unser Nachtplatz

Unbezahlbarer Ausblick

3. Etappe: Über Zaltbommel nach Dordrecht

Der dritte Morgen brach an. Auch die zweite Nacht war zugegebenermaßen sehr unerholsam, da unsere verweichlichten Körper wieder nicht auf hartem Boden einschlafen wollten. Auch das Fahrradfahren am zweiten Tag hatte Spuren in der Gesäßgegend hinterlassen, so dass mir das Aufsitzen am Morgen schon keinen Spaß mehr machte. Wir fuhren ein paar Kilometer in einen kleinen Ort namens Zaltbommel, wo wir uns bei unserem morgendlichen Kaffee spontan für einen Cheat-Day entschieden und mit dem Zug nach Dordrecht fuhren. Ungefähr genau so spontan kamen wir auf die Idee, vielleicht auch eine Nacht auf einer Couch zu surfen. Nur um ein bisschen Energie zu tanken und dem Körper etwas Zeit zur Regeneration zu geben. Netterweise nahm uns Willeke bei sich auf. Eine sehr freundliche junge Frau mit kleinem Häuschen, nettem Nachbarn, einem kleinen Garten und großem Feuer in Dordrecht. Nicht ganz so „wild & free“, wie wir es geplant hatten, aber spontan und schön.

Dordrecht

Willeke und ihr Nachbar in Willekes Garten vor einem großen Feuer

Fahrrad-Zwischenstopp Rotterdam

Zwei Tage waren noch übrig. Ausgeruht, unrasiert und gut genährt entschieden wir uns, mit den Rädern von Dordrecht nach Rotterdam zu fahren. Da die restliche Strecke nach Den Haag, was wir mittlerweile als das finale Ziel unserer Reise auserkoren hatten, nun in greifbarer Nähe war, entschieden wir uns, vorerst in Rotterdam ein wenig abzuhängen, zu relaxen, die Sonne zu genießen und dann den Endspurt nach Den Haag anzutreten.

Ein kleines Städtchen auf unserer Route

Vor dem Stadion von Rotterdam

Relaxen in Rotterdam

Ziel: Den Haag und das Meer in Scheveningen

Auf dem Weg wurde uns klar, dass es schwer werden könnte, zwei Nächte in Den Haag irgendwo wild zu zelten. Immerhin leben da ca. 500.000 Menschen und da die letzte Nacht auf der Couch so erholsam war und wir schon so alt sind, wagten wir erneut einen Versuch, spontan eine Couch zu surfen. Diesmal lief es nicht ganz so einfach wie zuvor. Bis kurz vor Den Haag hagelte es Absagen.

Kleiner Tipp für die Couchsurfing-Interessierten: Je mehr positive Bewertungen ihr habt, desto einfacher ist es, eine Couch zu finden. Seid ihr neu dabei, ladet Leute ein, bei euch zu pennen. Sie werden es mit einer guten Bewertung danken.

Ruhe auf der Couch statt Gewitter im Zelt

Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nur zwei Bewertungen bei couchsurfing hatte, kam wie durch ein Wunder Alyssa und bot uns einen Platz in ihrem Heim an. Wir erkannten unsere missliche Lage, als sich der Himmel fast innerhalb von 30 Minuten verdunkelte, um uns mitzuteilen, dass die Welt spätestens in weiteren 30 Minuten untergehen würde. Die Entscheidung mit der Couch war also richtig. Obwohl so ein Gewitter im Zelt sicherlich die reinste und extremste Form von „wild & free“ gewesen wäre. Aber nun ja. Zwischen uns und Alyssa lagen allerdings noch ca. zwei Stunden Radweg und essen mussten wir auch noch. Also traten wir in die Pedale und das nicht, ohne dafür belohnt zu werden: Zwei (!) Minuten, nachdem wir bei Alyssa angekommen waren und unsere Fahrräder geparkt hatten, begann ein Gewitter epischen Ausmaßes. Binnen Minuten bildeten sich reisende Flüsse und rissen Autos und Brücken … Nein, das ist gelogen. Aber das heftige Gewitter gab es tatsächlich.

Der Strand von Scheveningen

Mit Alyssa verbrachten wir zwei nette Abende (leider musste sie tagsüber arbeiten). Wir nutzten den Tag nach unserer Ankunft dazu, auch wirklich unser Ziel zu erreichen. Alyssa wohnte nämlich in Den Haag, also nicht direkt am Meer. Der Himmel war uns wieder gut gesonnen, denn die Wolken der vorherigen Nacht waren restlos abgeregnet und die Sonne brannte uns wieder im Nacken. Am Meer in Scheveningen angekommen, waren wir happy. So happy, dass wir uns spontan in die Fluten stürzten. Die schönste Belohnung, die wir uns selbst machen konnten.



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Zum Schluss ein Feuerwerk am Strand

Ich erwischte Micha, der ja zuvor nie am Meer war – und der sonst eigentlich keine Sekunde den Mund halten kann – dabei, wie er beinahe fünf Minuten dasaß und nachdenklich aufs Meer starrte. Ich klopfte ihm auf die Schulter, wir schauten uns an und mussten laut lachen. Da wurde mir klar: Dieser eine Moment hatte sämtliche Strapazen der letzten Tage lohnenswert gemacht. An unserem letzten Abend kamen wir sogar in den Genuss eines Feuerwerks am Strand. Ein perfekter Abschluss für einen echt geilen Männertrip. Mit viel Spaß, dummem Gelaber und Feuer. Den Haag ist übrigens eine sehr empfehlenswerte Stadt und auf jeden Fall einen Trip wert!

Der Strand von Den Haag: Scheveningen

Feuerwerk in Scheveningen

v.r.: Micha, eine Freundin von Alyssa, Alyssa und ich

Alle Etappen unserer Radtour nach Holland auf einen Blick

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Mehr Informationen

 

Seid ihr auch schon mit dem Fahrrad von Deutschland nach Holland gefahren?

Welche Etappen seid ihr abgefahren und wohin ging eure Reise? Habt ihr gute Tipps zum Übernachten auf einer Fahrradtour durch Holland? Wir freuen uns auf eure Kommentare!

Dieser Gastbeitrag stammt von Daniel Engelhardt, Gründer und Betreiber von FERNDRIFT.com.